In letzter Zeit sind mir immer wieder Texte aufgefallen, in denen das Wort demnach „irgendwie seltsam“ verwendet wird. Ein schönes Beispiel habe ich da gestern auf Spiegel online entdeckt: „Trotz Zuwanderung sinke die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2016 noch einmal leicht um 60.000 Menschen, errechneten die Forscher. 2017 werden demnach 290.000 Menschen mehr als derzeit ohne Job sein.“ (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/brexit-votum-kostet-deutsche-wirtschaft-2017-halbes-prozent-wachstum-a-1100291.html). Was läuft da verkehrt? Und habe ich recht mit meinem „semantischen Unbehagen“?
Demnach und demnach – ein Wort, (bald?) zwei Bedeutungen
Sehen wir uns also einmal die Bedeutung von „demnach“ an. Das Wortschatzprojekt der Uni Leipzig nennt folgende Synonyme: „woraus, somit, logischerweise, hinterher, folglich, demzufolge, dementsprechend, danach, also, alsdann, mithin, jedenfalls, folglich, darauf, somit“. Mit „demnach“ zieht man also eine Schlussfolgerung – so weit, so einfach.
Interessant in der Leipziger Synonymliste sind für mich aber besonders zwei Einträge: „demzufolge“ und „dementsprechend“. Die heißen nämlich nicht nur „folglich“, sondern manchmal auch „sagt diese oder jene Quelle“; allerdings im Normalfall dann eher als Wortgruppe: „Den Berichten unserer Korrespondenten zufolge…“ Oder: „Entsprechend der Angaben der befragten Zeugen…“
Demnach und demnach – im Konflikt
Und hier zeigt sich auch, wo die Fahrt hingeht für „demnach“. Denn immer öfter sieht man das Wort, um eine Quelle zu zitieren. Im Prinzip ganz analog zu „demzufolge“ und „dementsprechend“: „Nach der aktuellen Konjunkturprognose des IMK …“. Blöd nur, wenn so eine konkrete Wortgruppe mit „demnach“ verkürzt wird und die zitierte Quelle nicht unmittelbar zuvor genannt wird. Der Bezug geht verloren und „demnach“ kann als Schlussfolgerung interpretiert werden. So wie in dem Spiegel-Beispiel weiter oben: Dann wird aus einem Minus von 60.000 ganz zwangsläufig ein Plus von 290.000.