Technische Neuerungen wie Smartphones und Tablets bewirken, dass der Trend sich immer stärker in Richtung mobiler Multimedia-Dokumentation bewegt. Animationen, Audios und vor allem Videos bieten neue Möglichkeiten, technische Informationen verständlich und einprägsam darzustellen. In vielen Fällen lässt sich durch ein Video schneller, präziser und vor allem praxisnäher eine komplizierte Funktion erklären als mit einer langatmigen Abfolge von Handlungsanweisungen in gedruckter Form. Oftmals ist es aber notwendig, eine Handlung nicht nur zu zeigen, sondern das Gezeigte mit gesprochenen Texten näher zu erläutern.
Fürs Hören schreiben ist für viele Technische Redakteure jedoch Neuland. Da liegt es nahe, sich von der Welt des Fernseh- und Radiojournalismus inspirieren zu lassen. Stefan Wachtel hat mit seinem Buch „Schreiben fürs Hören“ ein Standardwerk für diese Branche verfasst. Auf 191 Seiten erläutert Wachtel Regeln und Methoden für die Produktion von Hörtexten und illustriert diese mit passenden Beispielen. Auch die praktischen Aspekte werden nicht vernachlässigt, Trainingstexte ermöglichen es dem Leser, das Gelernte sofort in die Tat umzusetzen.
Interessant ist es, inwieweit sich die Empfehlungen Wachtels in der Technischen Dokumentation umsetzen lassen. Dabei fällt auf, dass es durchaus viele Parallelen zwischen den beiden Welten gibt. Die Anforderung, alle wichtigen Informationen in einem möglichst kompakten Text unterzubringen und dabei den Text nicht so stark zu verdichten, dass niemand mehr durchblickt, dürfte dem Technischen Redakteur bekannt vorkommen. Auch die meisten seiner Schreibregeln sind wenig überraschend: keine Schachtelsätze, nebenordnende statt unterordnende Nebensätze, wenn möglich im Aktiv statt im Passiv formulieren, Füllwörter und Nominalisierungen vermeiden, Fremdwörter und Abkürzungen erklären – all dies ist auch im Berufsstand der Technischen Redakteure angesagt.
Interessanter wird es da schon, wenn Wachtel darauf eingeht, was es beim Schreiben von Hörtexten besonders zu beachten gilt. So ist es bei Hörtexten noch wichtiger, dass der Adressat die Kernbedeutung eines Satzes auf Anhieb versteht. Deshalb plädiert Wachtel dafür, pro Satz nur einen Gedanken zu formulieren. Wie sich dies am besten umsetzen lässt, erklärt er ausführlich in dem Kapitel „Schreiben mit Methode“. Techniken wie das Schreiben in Sinnschritten oder mithilfe von Stichwörtern können durchaus auch bei der Technischen Dokumentation zur Anwendung kommen. Auch der Tipp, zunächst auf die Situation des Hörers einzugehen und nicht sofort mit den Informationen anzufangen, sollte in der Technischen Redaktion beherzigt werden, beispielsweise indem man dem Anwender erst einmal den Nutzen einer Funktion erklärt, bevor man mit der eigentlichen Anleitung loslegt.
Auf der anderen Seite sind natürlich sämtliche Beispiele und Trainingstexte in dem Buch auf die Welt der Nachrichten und Reportagen ausgelegt. Auch viele Tipps und Regeln lassen sich nicht zu 100 Prozent umsetzen. Dennoch kann „Schreiben fürs Hören“ für einen Technischen Redakteur, der Hörtexte verfassen möchte, sehr nützlich sein, zumal es kaum andere fachspezifische Literatur zu diesem Thema gibt.
Jeder, der versucht hat etwas sprachlich zu vermitteln, über ein Hörbuch beispielsweise, wird gemerkt haben, wie schwer es eigentlich ist und welche Arbeit dahinter steckt. Danke für den tollen Artikel! 🙂